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Druck-Version Kommentar Kreationismus: Streiflichter zur Ausgrenzung und Sperrung durch 'Wort und Wissen'Studiengemeinschaft entfernt Kritik unter dem Deckmantel des "fair plays"➤ Nachtrag am Artikelende vom 11.08.2016 Als interessierter Beobachter klicke ich mich gelegentlich in Diskussionsrunden ein. Nun sehe ich mich als betroffener Diskussionsteilnehmer einer Diskussionsrunde zum Thema "Evolution als Schöpfer" bei Facebook "Wort & Wissen" (10.5.2016) veranlasst darzustellen, auf welche Art und Weise "Wort & Wissen" eine freie Meinungsbildung massiv einschränkt und behindert. Von der ursprünglichen Diskussion war nur noch ein Torso geblieben, und der gab eine umfangreiche, lebhafte Debatte nur verzerrt wider – und diese hatte eine erhebliche emotionale Heftigkeit entwickelt. Mittlerweile ist der Thread komplett gelöscht worden; ich bin bei Wort und Wissen auf Facebook gesperrt, das alles ist also nicht mehr nachvollziehbar. Der Leser möge sich also anhand dieser Aufarbeitung hier selber ein Urteil bilden. Beginnen wir mit einem Appell von "Wort & Wissen" auf ihrer Facebook, betreffend "Netiquette": Wort & Wissen: "In letzter Zeit häufen sich unsachliche, herablassende und verunglimpfende Beiträge auf unserer Facebook-Seite, die oft auch wenig oder nichts mit dem geposteten Thema zu tun haben. Es ist für uns sehr zeitintensiv und für unsere Leser wenig hilfreich, wenn wir auf solche Störfeuer immer wieder eingehen müssen. Wir bitten daher, unsachliche, ablenkende, polemische und beleidigende Kommentare zu unterlassen. Wir werden solche Beiträge ohne Vorwarnung löschen und im Wiederholungsfall entsprechende Nutzer sperren. Wir bitten um Verständnis, dass wir dem Missbrauch unserer eigenen Plattform vorbeugen und ggf. Abhilfe schaffen." (11.5.2016) Problematisch wird es allerdings, wenn Diskussionsteilnehmer erleben müssen, wie der Wortsinn ihrer sachlichen Argumentation verfremdet wird und dann ihre Beiträge im Nirvana verschwinden: Der gepostete Text wird einfach gelöscht und so ein freier Diskurs abgewürgt und eine freie Meinungsbildung behindert. Natürlich bin ich kein Einzelfall; Menschen, die mit deutlichen Worten nicht an Kritik sparen, müssen stets damit rechnen, dass ihre Beiträge plötzlich verschwinden und sie gesperrt sind. So erging es auch dem geschäftsführenden Redakteur der AG Evolutionsbiologie, Martin Neukamm. Ich schreib dazu vor ein paar Wochen folgendes: Wolfgang Jähnig: Hinter "Philosphicus" verbirgt sich Martin Neukamm, den man hier ausgesperrt hat. Wie lange will man das durchhalten? Auch wenn Neukamm manchmal die Emotionen durchgehen, sind seine Beiträge nachdenkenswert. Es ist mir unverständlich, dass ein unbequemer Wissenschaftler zum Schweigen gebracht und damit der Zensurstift angesetzt wird. Antwort: Eisernes Schweigen. Doch zurück zur eigentlichen Diskussion. In die Debatte habe ich eingegriffen, als der Leiter der kreationistischen Studiengemeinschaft "Wort & Wissen", Herr Dr. Junker behauptet, dass er "ein Freund des Wissenschaftsfortschritts" sei. Diesem Statement kann man nur bedingt zustimmen, da zentrale Behauptungen des Kreationismus gerade aufgrund des Wissenschaftsfortschritts der letzten Hundert Jahre völlig ins Abseits geraten sind. Im krassen Gegensatz dazu lässt sich Junker zu folgender Bemerkung hinreißen: Reinhard Junker: Je mehr man erforscht hat, desto mehr wurden die Belege für Schöpfung, seien es molekulare Maschinen oder die Funktion des Wurmfortsatzes oder anderer vermeintlicher Fehlkonstruktionen. Der Wissensfortschritt ist unser Freund. (10. Mai 2016) Ich habe mich dabei auf einen Diskussionsbeitrag von Reinhard Junker bezogen, bei der 17.000 Tiere gezählt wurden, die sich auf der biblischen Arche befunden haben sollen.1) Es ging also darum, ob es sich bei der Zählung um eine seriöse Wissenschaft handelt oder nicht. Meine Anfrage wurde zunächst nicht beantwortet und erstmals gelöscht, obwohl sie sachlich war. Reinhard Junker: Wolfgang Jähnig: ok, Sie fragen Ist diese veröffentlichte "Diskussionsgrundlage" noch Wissenschaft?" Antwort: Ja "wink"-Emoticon Damit hat Junker die Anfrage beantwortet. Aber nun schaltet sich - für mich überraschend - erstmalig ein Administrator von "Wort und Wissen" ein, kurz nachdem Posts aus dem Thread gelöscht worden waren: Wort und Wissen: Herr Wolfgang Jähnig, der gelöschte Post war nicht sachlich.
Hier wird meine Äußerung (gezielt?) fehlinterpretiert – meine Deklarierung „nicht seriöse Wissenschaft“ bezog sich ganz konkret auf den Artikel mit der Zählung von Tieren auf der Arche; und das hat in der Tat mit seriöser Wissenschaft ganz sicher nichts mehr zu tun. Ist Wort & Wissen hier anderer Meinung, so fordere ich die Studiengemeinschaft hiermit auf, solche Beiträge in einschlägigen Fachjournalen wissenschaftlich zu publizieren. Wolfgang Jähnig: Aus diesen Bemerkungen sehe ich, wie schwierig es ist, noch eine sachgerechte Diskussion zu führen. Man stelle sich doch einmal vor, ein Wissenschaftler würde nach Maßangaben der Arche anhand des Gilgamesch-Epos, das älteren Datums ist als die biblische Arche, die darauf passenden Tiere zu zählen versuchen. Würde man ihn dann noch ernst nehmen ? Konsequenterweise müßte man dann auch Thomas Waschke sperren, der ausführlich aufgeführt hat, warum die Vorstellungen von W&W betr. biblischer Arche keine seriöse Wissenschaft ist.2) In einem kreationistischen Lehrbuch werden den Schülern u.a. Aufgaben gestellt, wieviele Tiere Noah mit an Bord der Arche nehmen musste und eine vergleichende Rechnung präsentiert. Originalton Buch: "Rechnung: 121 Schafe passen in einen Güterwagen. Die Ladefläche der Arche entspricht 280 Güterwagen. Ergebnis: Auf die Arche passten 34 000 Schafe". (Quelle: Fred Hartmann und Reinhard Junker: Bibel, Schöpfung, Evolution: Grundlegende Unterrichtsentwürfe für Schule und Gemeinde, Christliche Verlagsgesellschaft mbH, Dillenburg 2009.
Der weitere Verlauf der Diskussion ist für den Verlauf der Geschehnisse bis hin zu meiner Sperrung nicht mehr relevant und ich spare ihn daher hier aus. Ich habe Herrn Junker per E-Mail-Korrespondenz gebeten, die Sperrung und Ausgrenzung rückgängig zu machen. Zum einen hatte ich persönliche Gründe, die mit Ausgrenzungserlebnissen in meinem Berufsleben zusammenhängen, auf die ich hier ich nicht näher eingehen möchte. Zum anderen habe ich darauf hingewiesen, dass man hier nicht konsequent ist, wenn meine Posts gesperrt werden, wenn andererseits in der gleichen Diskussionsrunde Posts mit grob unsachlichen und beleidigenden Inhalten zunächst stehen bleiben, wie z.B. jener: Bernhard Bachmeier: na klar die "Evolution" ist natürlich unlogisch, egal wie viele Millionen beweise das es gibt. Aber das 10.000.000 Tiere in ein Holzboot passen, das ein 900 Jahre Alter Mann alleine gebaut hat, klingt für Kreationisten logisch. Ihr sucht verzweifelt nach dem Harr in der Wissenschaftlichen Suppe, seht aber eure eigene Brühe vor Lauter Haaren nicht. In der E-Mail vom 8. Juni 2016 erhebt Reinhard Junker dann schwerwiegende Vorwürfe. So schreibt er u. a.: "Sie haben völlig recht: Bei dieser Auseinandersetzung wurde der Mensch vergessen, und zwar der Mensch, der bei W+W die permanenten Beleidigungen und Provokationen von Ihnen lesen muss: Er (Junker) 'wähnt sich' (= ist einer Wahnvorstellung erlegen), lebt anscheinend noch in der Zeit von Ussher, 'Parallelwelt', 'hat mit seriöser Wissenschaft nichts zu tun' usw. (alles Ihre Formulierungen). Das alles ohne jede konkrete Kritik auf facebook, nur pauschale Abqualifizierungen und Provokationen, und zudem am Thema des betreffenden Posts vorbei." Dieses Schreiben hat mich sehr betroffen gemacht. Der ursprüngliche Sinn und Inhalt meiner Posts wird entstellt, verfälscht und verfremdet. Es wäre in der Tat eine bösartige Unterstellung, wenn ich den Ausdruck "sich wähnen" mit "Wahn" in Verbindung gebracht hätte – allerdings verbinde ich mit "wähnen" die Vorstellung, dass man glaubt, irgendwo zu sein, ist es aber in Wahrheit doch nicht. Im Übrigen entspricht das dem Bedeutungsinhalt des Verbs "wähnen" nach dem aktuellen Duden, s. http://www.duden.de/rechtschreibung/waehnen. Diese Unterstellung ist also an den Haaren herbei gezogen. Es wird mir ferner vorgeworfen, dass ich keine konkrete Kritik geübt hätte. Die habe ich sehr wohl geübt, indem ich kritisierte, dass die Zählung der Tiere auf der Arche keine "seriöse Wissenschaft" sei. Hierzu habe ich Herrn Junker als Antwort eine Mail geschickt mit Datum vom 24. Mai 2016: "Es war von mir ungeschickt ausgedrückt. Die Bemerkung 'unseriöse Wissenschaft' bezog sich allein hinsichtlich des Zählens der Tiere auf der Arche. Sie verallgemeinern es und beziehen es auf Ihre gesamte Arbeitsweise. Sie wollten sicher zeigen, wie groß die Arche gewesen sein könnte und wieviele Tiere da Platz gehabt hätten. Aber das ist schlicht unmöglich, exakte Angaben darüber zu machen. Wir wissen es nicht. Die Maßangaben der Arche anhand der Bibel müssen nicht zutreffen. Sie wurden mündlich überliefert und ebenso wie die Altersangaben von Noah einem Kulturkreis entstammend, wo gerne übertrieben wird und wurde. Sie können als gar keine exakten Berechnungen anstellen und deshalb ist es keine seriöse Wissenschaft im Sinne der etablierten Wissenschaft, die mehrheitlich von einem Mythos ausgeht und in jedem Mythos steckt ein wahrer Kern und im übrigen bin ich bei diesen Auseinandersetzungen unbedeutend. Ich verweise auf Kardinal Schönborn, der sich mit Naturwissenschaft und Religion intensiv auseinandergesetzt hat und kommt zu dem Ergebnis, dass Kreationismus schlicht Unsinn ist. Man kann die Bibel nicht wortwörtlich nehmen." Ferner wird mir vorgeworfen, dass ich am Thema vorbei diskutieren würde. Bevor ich mich eingeschaltet habe, wurde einiges über biblische Arche und Sintflut geäußert. Insofern ist es nicht stimmig, was hier behauptet wird. Und abschließend noch einige Bemerkungen zu Ussher. Diesen Post habe ich oben nicht aufgeführt, weil ich keine wörtlichen Aufzeichnungen darüber gemacht habe. Auf keinen Fall habe ich von Herrn Junker behauptet, dass er in der Zeit von Ussher leben würde. (Der irisch-anglikanische Bischof und Erzbischof James Ussher (1581/2-1656) sowie der britische Pfarrer und College-Rektor John Lightfoot (1602-1675) haben versucht, das genaue Schöpfungsdatum zu berechnen (Ussher-Lightfoot-Kalender) und gelangten zum 23. Oktober 4004 v. Chr.4) Was ich sage und wozu ich stehe: Wenn Herr Junker im Zeitalter der modernen Wissenschaft im 21. Jahrhundert immer noch daran festhält, so ist das sein Problem. Ganz besonders, wenn er sich als "Freund des Wissensfortschritts" bezeichnet und dies auf Facebook "Wort & Wissen" Kund tut. Bis etwa 200 Jahre nach Ussher / Lightfoot wurden diese Berechnungen noch geglaubt. Spätestens seit den Forschungsergebnissen von James Hutton (Geologe) und Charles Darwin sind sie unhaltbar. Wort und Wissen behauptet, ihre Leser "vor Provokationen und Beleidigungen schützen" zu wollen. Wie diese Dokumentation hier zeigt, ist das unwahr: Es wurde ein offener Meinungsaustausch, eine freie Meinungsbildung unterdrückt, ich wurde rüde und rücksichtslos ausgegrenzt. Das passt nicht zu einer freien Informationsgesellschaft und erst Recht nicht zu den "Freunden des Wissensfortschritts", als die sich Wort und Wissen so gerne selber sieht. Anmerkungen [1] Fred Hartmann/Reinhard Junker: Passten alle Tiere in die Arche Noah? Wort+Wissen-Diskussionbeitrag 4/90. [2] T. Waschke: Was spricht gegen eine weltweite Sintflut? [3] Zusätzlich verweise ich auf meinen Kommentar: "Anmerkungen zu 'The rocks don´t lie' (David R. Montgomery) und darüber hinaus", Homepage AG Evolutionsbiologie, 15.7.2013. [4] Die punktgenaue Zeitangabe inklusive Uhrzeit stammt tatsächlich nicht von James Ussher, sondern von John Lightfoot, der selber derartigen Berechnungen anstellte – siehe Wikipedia: James Ussher, Wikipedia: John Lightfoot, Ussher-Lightfoot-Kalender und die dort angegebenen Quellen. Nachtrag vom 11.08.2016: Abschlussanmerkungen zu meiner Ausgrenzung und Sperrung auf Facebook "Wort und Wissen" Es sind im Grunde zwei wesentliche Aspekte, die mich veranlassen, einen Nachtrag hinsichtlich meines Kommentars zur Ausgrenzung und Sperrung bei der kreationistischen Studiengemeinschaft "Wort & Wissen" (I) zu veröffentlichen. Der Geschäftsführer von "Wort & Wissen", Herr Junker, bewertet meine Arbeit pauschal als einseitig, ohne dafür Gründe zu nennen (II). Ich muß es den Lesern meines Kommentars überlassen, sich ein Urteil darüber zu bilden, was sich tatsächlich zugetragen hat. Die Standpunkte beider Seiten wurden hinreichend mit Quellenangaben und Zitaten belegt und transparent gemacht, wie bei einer unschönen Taktik von W&W es dazu kommen konnte, unter dem Deckmantel des "fair plays", mich zum Schweigen zu bringen. In Erwiderung einer privaten Korrenspondenz mit Herrn Junker, in der ich das Vorhaben meiner Veröffentlichung mitteilte, erhielt ich am 9. Juni 2016 folgende Zeilen: "Überlegen Sie bitte noch einmal, ob es wirklich Ihre Aufgabe und Berufung ist, gegen W&W anzugehen. Was treibt Sie an?" Ich habe darauf nicht geantwortet und möchte hier nur kurz antworten. Ich sehe mich als Beobachter in der Auseinandersetzung zwischen Anhängern und Gegnern der Evolutionstheorie und sehe einen verhängnisvollen Irrweg mit den Ansichten, die W&W vertritt. Hansjörg Hemminger hat es auf den Punkt gebracht: "Der Weg, unseren Glauben gegen die Wissenschaft zu sichern, ist ein Irrweg." (III) Der eingangs erwähnte zweite Aspekt meiner Ergänzung zeigt auf, wie zwielichtig sich Junker zur Meinngsfreiheit verhält, wenn er auf seinem privaten Facebook betr. Meinungsfreiheit folgendes angibt: "Sehr wichtiges Anliegen ! Meinungsfreiheit ! Nein zu Onlinelizenzen durch EU und Internetriesen !" (IV) Junker bezieht sich auf einen "Verhaltenskodex", den die EU-Kommission am 31.5.2016 gemeinsam mit Facebook, Twitter, You Tube und Microsoft zur Sperrung von "Hassreden" im Internet veröffentlichte. Junker befürchtet, dass die Sperrung auch Meinungen beinhalten könnten, die seiner kreationistischen Denkweise entsprechen und im Gegensatz zur etablierten Wissenschaft stehen. Deshalb unterstützt er eine Petition an die EU, initiiert von der Bürgerplattform "Citizen Go", die eine Rücknahme oder Veränderung der bisherigen Sperrklauseln zum Ziel hat. Abschließend möchte ich noch anhand o.a. Schreibens von Junker erwähnen, dass er zu bedenken gibt, ob man bei ihm irgend etwas Konstruktives erreichen würde, wenn ich ihm ein Ausblenden der Realität vorwerfen würde. Es ist die Frage, ob man unter diesen Umständen noch wirklich ein sinnvolles Gespräch führen kann. Fußnoten [I] Wolfgang Jähnig: Kommentar Streiflichter zur Ausgrenzung und Sperrung von Personen und Diskussionsbeiträgen durch Wort-und-Wissen, Hompage AG Evolutionsbiologie, 13.7.2016. [II] Facebook "Forum Naturwissenschaft Theologie", Diskussionsblock zum Beitrag: "Lieblingsfrosch der Evolutionskritiker", 21.7.2016. [III] Zeitschrift Welt und Umwelt der Bibel, Bibel kontra Naturwissenschaft? Die Schöpfung, Nr. 80, 2. Quartal 2016, hier: Hansjörg Hemminger: Kreationismus, "Intelligent Design" und Wissenschaft, In unseren Adern fließt das Urmeer, S. 46. [IV] Facebook Reinhard Junker, Eintrag vom 26. Juli 2016. Autor: Wolfgang Jähnig |