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Druck-Version Besprechung Die Erklärungen der Evolutionstheorie: Beispiel VogelflugBuchbesprechung: Schöpfung ohne Schöpfer? - Teil 4In Kapitel 4 (S. 83–105) thematisiert der evangelikale Autor Reinhard JUNKER den Status evolutionärer Erklärungen am Beispiel der Entstehung des Vogelflugs. Nach eingehender Betrachtung behauptet er, die etablierten Modelle seien zu grob, vage und unrealistisch um als Erklärung zu gelten. Trotz zahlreicher Einwände aus der Fachwelt werde an "naturalistischen" Erklärungen festgehalten. Das sei paradox, da es "gute Gründe" für eine Schöpfung gäbe. Der vorliegende Beitrag untersucht die Argumentation kritisch. Zur PDF-Version [16 Seiten/1,8 MB] Zusammenfassung JUNKERs Einlassungen zur Evolution überzeugen aus mehreren Gründen die Fachwelt nicht. Erstens ändern seine Einwände nichts an den Belegen, wonach sich die Vögel sukzessive aus Dinosauriern entwickelt haben (Prozess der "Makroevolution"). Vernünftige Argumente gegen den Prozess als solchen hat er nicht; er kann bestenfalls zeigen, dass die Prozess-Erklärungen nicht hinreichend sind. Zweitens kann das Fehlen hinreichender "naturalistischer" Erklärungen kein Einfallstor für irrationale Erklärungen wie "Intelligent Design" (ID) sein. Zum einen kann ID nicht glaubhaft zeigen, dass in der Natur Planung existiert. Zum anderen übergeht JUNKER geflissentlich das "Problem des Omniexplanatorischen" in seiner Design-Erklärung: ID ist so unspezifisch, jede Annahme über sein Wirken so willkürlich, dass es buchstäblich alles und daher gar nichts erklärt. Erkenntnistheoretisch hat es denselben Stellenwert wie Magie oder eine Entelechie. Drittens übersieht JUNKER, dass das Fehlen ausreichend konkreter, hinreichender Erklärungen wissenschaftsinhärente Gründe hat: Wissenschaftler können nur einzelne Aspekte komplexer Naturprozesse rekonstruieren, nie die Gesamtheit der Wechselwirkungen und Randbedingungen. Was wir im historischen Kontext (und nicht nur dort) als mechanismische Erklärung erreichen können, sind plausible hypothetische (Teil-) Szenarien, nicht mehr. Daher findet JUNKER immer einen formalen Grund, evolutionäre Erklärungen nicht akzeptieren zu müssen. Konsequenterweise müsste er dann auch die Modelle der übrigen Wissenschaften zurückweisen – und erst recht seine Schöpferthese. Viertens zeichnet JUNKER ein Zerrbild von der Evolution. Die Behauptung, wesentliche Charakteristika der Vögel könnten nicht isoliert voneinander entstanden sein, ist weder funktionsmorphologisch noch entwicklungsgeschichtlich haltbar. Zudem erweist sich seine Forderung nach durchgehend kleinschrittigen und selektierbaren Zwischenformen als antiquiert. Offensichtlich ist das Beharren auf streng gradualistische Szenarien ein Mittel, um die Plausibilität der Evolutionstheorie kleinzureden. Aus dem Inhalt 1. Der evolutionäre Ursprung der Vögel ("Makroevolution") ist unabhängig von mechanismischen Entstehungsmodellen belegt 2. "Unpassende" Fossilfunde und verbreitete Konvergenzen 3. Methodologische Aspekte zur Kritik an evolutionären Modellen 4. "Makroevolution" durch Intelligent Design (ID)? 5. Problem der Synorganisation: unzählige Passungen gleichzeitig? 6. Evolution durch Wechsel von Selektionsregimes 7. Darwinistisch-gradualistische Forderung: Kontinuität und Selektierbarkeit 8. Zusammenfassung 9. Literatur Danksagung Für wertvolle wissenschaftstheoretische Hinweise sei Dr. Martin Mahner (GWUP) gedankt. Für mehrmaliges kritisches Gegenlesen der Arbeit danke ich Prof. Dr. Andreas Beyer (Hochschule Recklinghausen). Autor: Martin Neukamm |